Best-of TV-Serien 1/2022

Soeben sind die Nominierungen für die Emmy-Awards 2022 bekannt geworden, den wichtigsten US-Fernsehpreisen. Keine Serie, die es nicht verdient hätte, in die Kränze zu kommen (siehe hier). Etliche Nominierungen überschneiden sich mit meinen Favoriten 2021 (siehe hier) oder dem ersten Halbjahr 2022. Es sind weiterhin sehr gute Zeiten für Serienfans, wage ich mal zu behaupten. Und liste aus diesem Grund das aus meiner Sicht Beste vom Besten der vergangenen sechs Monate auf.

  1. «Better Call Saul» (Netflix). Fünf Folgen sind zwar noch ausstehend, aber die Schlussstaffel dieses Prequels von «Breaking Bad» schlägt alles in Sachen schier schmerzhaft langsamer, aber dennoch absolut konziser, kunstvoller Erzählweise. Und über allem steht die Frage: Was wird aus Kim Wexler, der besseren Hälfte des halbseidenen Anwalts Jimmy McGill alias Saul Goodman?
  2. «Stranger Things» (Netflix). In der zweitletzten Staffel dieser Science-Fiction-Mysteryserie geht es düsterer zu und her als bislang. Gleichzeitig ist die in den Achtzigerjahren in einer amerikanischen Kleinstadt angesiedelte Geschichte um Jugendliche, die mit dem Bösen zu kämpfen haben, unglaublich spannend und unterhaltsam. Ach ja: Dass Kate Bush neuerlich zu Hitparaden-Ehren gekommen ist durch «Stranger Things», dürfte inzwischen Allgemeinwissen sein.
  3. «Severance» (Apple TV+). Die Ironie an dieser Serie ist, dass sie die Arbeitswelt eines Unternehmens zeigt, das auch Apple sein könnte. Die Angestellten werden einem Eingriff unterzogen, die ihre Erinnerungen in die Arbeits- und die Privatwelt unterteilt. Bloss geht das nicht immer ganz reibungslos – mit entsprechenden Konsequenzen. Fortsetzung folgt.
  4. «Slow Horses» (Apple TV+). Britische MI5-Agenten, die versagt haben, landen im Slough House und werden dort von einem konstant schlechtgelaunten Jackson Lamb (grossartig: Gary Oldman) mit sinnlosen Aufgaben gepiesakt. Dass die «alten Gäule» doch noch etwas können, zeigt sich indes schon recht bald.
  5. «Euphoria» (Sky Show). Natürlich kann man darüber diskutieren, wie krass man das Leben von (drogenabhängigen) Jugendlichen zeigen muss – Staffel 1 gab diesbezüglich gehörig zu reden. Rue (gespielt von Zendaya) erneut durch ihre (wenigen) Hochs und (deutlich mehr) Tiefs zu folgen, tut richtiggehend weh. Aber so ist es nun Mal, wenn der Gefühlshaushalt verrückt spielt.
  6. «Der Pass» (Sky Show). Als eine junge Touristin in der Nähe von Salzburg tot aufgefunden wird, müssen deutsche und österreichische Kriminalpolizei erneut zusammenarbeiten. Ellie Stocker (Julia Jentsch) wie Gedeon Winter (Nicholas Ofzcarek) sind von der Jagd auf den Krampus-Killer in Staffel 1 derart angeknackst, dass man um beide ernsthaft fürchten muss. Eine der besten deutschen Thrillerserien.
  7. «After Life» (Netflix). Schwarzhumorig, wie es nur die Briten können. Ricky Gervais gibt den grantigen Witwer Tony. Allerdings ist nicht mehr alles Zynismus pur, sondern auch (vorsichtiger) Optimismus. Dass die Schlussstaffel 3 dieser Serie für Tony wie dessen Umfeld versöhnlich endet, ist das Allerschönste an ihr.
  8. «Ozark» (Netflix). Irgendjemand in dieser Serie um Geldwäscherei und Drogenkartelle, der nicht hochgradig borderline unterwegs ist? Nein. Überraschend ist bloss, wer gegen Schluss dieser finalen Staffel 4 auch noch (fast) durchdreht. Ohne zu viel zu verraten: Es endet nicht gut, was besonders im Fall von Ruth Langmore (Julia Garner) mehr als nur tragisch ist.
  9. «Yellowstone» (Sky Show). Das Drama um eine Familienranch, die John Dutton (Kevin Costner) mit aller Macht verteidigen will, erreicht immer neue Eskalationsstufen. Dass da auch Waffengewalt im Spiel ist, macht die Serie angesichts der aktuellen Diskussionen in den USA zum Thema eigentlich zu einem No-go. Gleichwohl kann ich diesen Neo-Western nur empfehlen.
  10. «Vigil» (BBC/Arte). Internationale Spionage, Friedensaktivisten und ein Mord an Bord eines Atom-U-Bootes: «Vigil – Tod auf hoher See» ist eine hochspannende Thriller-Serie und, völlig verdient, die erfolgreichste BBC-Serie des vergangenen Jahres.
  11. «Euer Ehren» (ARD). «Your Honor» ist zwar noch nicht allzu lange her, gleichwohl hat mir auch diese Adaption der Geschichte um einen Richter, der seinen straffällig gewordenen Sohn zu decken versucht, den Ärmel reingenommen. Beider Leben geraten komplett aus der Bahn und werden zu einem wahren Alptraum.
  12. «Love & Anarchy» (Netflix). Nicht mehr ganz so unbeschwert wie in Staffel 1, aber immer noch eine der warmherzigsten Serien überhaupt: Eine erfolgreiche Beraterin und ein junger IT-Experte haben bei der Arbeit in einem alteingesessenen Buchverlag ein Techtelmechtel. Und fordern damit sich selber heraus, genauso wie ihr Umfeld. Aus harmlosen Spielchen wird bitterer Ernst. Das ist in erster Linie unglaublich komisch.

Ebenfalls sehr gut gefallen haben mir:
«All In» (Comedy-Miniserie; One)
«Borgen» (Politdrama; Netflix). Weil ich sie nie ganz fertiggeschaut habe, hole ich zuerst die Staffeln 1 bis 3 nach, bevors an die ganz neue Staffel 4 geht.
«Red Light» (Drama; Arte)
«Sacha» (Drama-Miniserie; RTS/Arte)
«Schneller als die Angst» (Thriller-Miniserie; ARD)
«Shining Girls» (Mystery-Thriller; Apple TV+)
«The Responder» (Drama-Miniserie; BBC)
«Why Women Kill» (Comedy/Drama; ORF)
«Wilder» (Krimi/Drama; SRF)
«Zerv – Zeit der Abrechnung» (Drama; ARD)

TV-Serien 1/2020

Coronabedingt ist der TV-Serien-Konsum bei mir in den letzten Monaten geradezu explodiert. Nebst dem Üblichen, sprich freudigst erwarteten Fortsetzungen (u.a. «Better Call Saul») und grossartigen Neuheiten (u.a. «ZeroZeroZero»), bin ich auch Liegengebliebenes aufzuschaffen gekommen, von dem ich wusste, es lohnt sich. Stand Mitte Juni sind das total 37 Serien, vier davon abgebrochen (u.a. «Messiah»). Hier meine Halbjahresbilanz (jeweils in alphabetischer Reihenfolge). Welcher Streamingdienst die Nase mit seinen Eigenproduktionen, aber auch geschickten Einkäufen vorn hat, brauche ich wohl nicht speziell zu erwähnen. Netflix ist es übrigens auch, das einem das fantastische israelische Serienschaffen näher bringt (u.a. «Fauda», «Shtisel»). Tipps für Übersehenes, Überraschendes, Unterbewertetes sind jederzeit willkommen!

5/5 (Höchstwertung):
«Better Call Saul» (Staffel 5; Netflix)
«Fauda» (Staffel 3; Netflix)
«Marcella» (Staffel 3; Netflix)
«Ozark» (Staffel 3; Netflix)
«Shtisel» (Staffeln 1 und 2; Netflix)
«Tales From The Loop» (Staffel 1; Amazon)
«ZeroZeroZero» (Staffel 1; Sky)

4,5/5 (sehr gut):
«After Life» (Staffeln 1 und 2; Netflix)
«Amour fou – Obwohl ich dich liebe» (Miniserie; Arte)
«Arctic Circle – Der unsichtbare Tod» (Miniserie; ZDF)
«Atypical» (Staffeln 1 bis 3; Netflix)
«Bad Banks» (Staffel 2; ZDF/Arte)
«Bedrag – Follow The Money» (Staffel 3; Arte)
«Big Little Lies» (Staffeln 1 und 2; HBO/Sky)
«Dérapages – Aus der Spur» (Miniserie; Arte)
«Homeland» (Schlussstaffel 8; Showtime)
«Killing Eve» (Staffel 3; BBC)
«Ragnarök» (Staffel 1; Arte)
«Sex Education» (Staffel 2; Netflix)
«The Outsider» (Staffel 1; HBO/Sky)
«Unterleuten – Das zerrissene Dorf» (Miniserie; ZDF)

Ohne Wertung, aber ebenfalls (sehr) gerne geschaut:
«The Capture» (Miniserie; BBC)
«Catastrophe» (Staffel 1 bis 3; Channel 4)
«Dead To Me» (Staffel 1; Netflix)
«I Am Not Okay With This» (Staffel 1; Netflix)
«The Looming Tower» (Miniserie; Hulu)
«Wilder» (Staffel 2; SRF)

Kalt gelassen, enttäuscht oder gar verärgert haben mich:
«Freud» (Staffel 1; ORF/Netflix)
«Mindhunter» (Staffel 1; Netflix). Anmerkung: Werde ich wohl nochmals von vorne beginnen, da zu unkonzentriert und im Wechsel mit andern Serien gestartet!
«Preacher» (Schlussstaffel 4; AMC)
«The Valhalla Murders» (Staffel 1; Netflix)
«Twin Peaks» (Staffel 3; Sky). Anmerkung: Noch nicht abgeschlossen!