Jean Zuber von Swiss Music Export: «Für uns muss jemand ‚Export-ready‘ sein»

Lo&Leduc am M4Music2015

Ins Scheinwerferlicht: Viele Schweizer Bands zieht es dorthin – Lo & Leduc haben es am M4Music genossen und ein mitreissendes Konzert gegeben. (Bild Alessandro Della Bella)

 

Sophie Hunger, Bonaparte, Boy: Diese Schweizer Künstler und Bands sind mit ihrer Musik im Ausland erfolgreich. Nicht nur, aber auch dank der Arbeit der Organisation Swiss Music Export. Ein Gespräch mit SME-Geschäftsführer Jean Zuber über Erfolgsstorys, aber auch mangelnde Ressourcen.

Mit Jean Zuber sprach Hans Bärtsch

Das Musikfestival M4Music hat am Wochenende in Lausanne und Zürich Tausende von Besuchern, darunter Hunderte von Branchenvertretern, angezogen – Konzert-Highlight war der Auftritt der Band Bilderbuch aus Wien mit ihrem furiosen Austropop. Für die Poprock-Szene Schweiz, insbesondere Nachwuchskünstler aus diesem Bereich, ist das M4Music der bedeutendste Anlass hierzulande. Eine wichtige Plattform ist das Festival auch für die Organisation Swiss Music Export. Diese geriet dieses Jahr am M4Music unerwartet in die Defensive. Einerseits durch eine Gesprächsrunde, an der es um die Vermit- telbarkeit von Schweizer Künstlern im Ausland ging und deren Relevanz. Der Musikjournalist Jens Balzer («Berliner Zeitung», «Rolling Stone») liess zum Beispiel kein gutes Haar an der Aargauer Band Yokko und kann auch dem Westschweizer Sänger Bastian Baker nicht viel abgewinnen. Auf einem andern Panel meinte andererseits eine Vertreterin des deutschen Wacken- Open-Airs, dass in der Schweiz mehr für die Metal-Szene getan werden könnte. Jean Zuber, Geschäftsführer von Swiss Music Export, stellt sich der Kritik und erklärt, wie die von Pro Helvetia, Suisa-Stiftung, Migros-Kulturprozent und weiteren getragene Organisation funktioniert.

Jean Zuber, Geschäftsführer Swiss Music Export. (Pressebild)

Jean Zuber, Geschäftsführer Swiss Music Export. (Pressebild)

 

Herr Zuber, am M4Music hiess es, Swiss Music Export unterstütze künstlerisch nur bedingt interessante Bands wie Yokko und vernachlässige bestimmte Stile wie Metal ganz. Was sagen Sie dazu?

JEAN ZUBER: Da muss ich etwas ausholen und grundsätzlich werden. Permanent sind rund 100 Schweizer Bands aus dem Poprock-Bereich im Ausland aktiv. Swiss Music Export, das sind drei Teilzeitstellen. Sie können sich also vorstellen, dass nicht hinter all diesen 100 Künstlerinnen und Künstlern unsere Organisation steht. Wir können nicht alles vollständig abdecken. Wenn eine Band bei uns ein Gesuch um Unterstützung stellt, und wir müssen absagen, hat das in der Regel vor allem einen Grund: fehlende Ressourcen.

Wie läuft die Unterstützung von Schweizer Künstlern und Bands durch Swiss Music Export denn konkret ab?

Wir haben verschiedene Tools. An erster Stelle zu nennen sind sogenannte Showcase-Festivals im Ausland, die Plattformen für Nachwuchskünstler bieten und mit denen wir intensiv zusammenarbeiten. Konkret zu nennen sind das Reeperbahn-Festival in Hamburg, das Great Escape in Brighton, das Eurosonic Noorderslag im niederländischen Groningen, das Waves Vienna in Wien, das Mama Event in Paris – das sind die für uns wichtigsten. Dort versuchen wir, Bands zu platzieren. Wobei wir keinen direkten Einfluss auf die Programmierung der Festivals haben. Wenn es dann aber zu einem Auftritt kommt, versuchen wir, in Sachen Promotion das Beste daraus zu machen. Dazu organisieren wir an solchen Festivals in der Regel noch einen eigenen Anlass, in Hamburg etwa unter dem Namen Swiss Business Mixer. Dort bringen wir Leute aus der Szene zusammen, wie es jeweils auch am M4Music geschieht.

 

«Die Stadt Zürich kann im Bereich Poprock jährlich ungefähr eine Million vergeben. Und wir sollen mit 100’000 Franken die ganze Schweiz abdecken?»

 

Das grosse Stichwort heisst also Vernetzung.

Genau: Solche Festivals zu nutzen, kostet nicht allzu viel Geld im Verhältnis zu dem, was es bringt. Am letzten Swiss Business Mixer im Rahmen des Reeperbahn-Festivals nahmen rund 300 Personen teil, davon etwa 70 aus der Schweiz – und die haben gearbeitet wie blöd. Jetzt gibt es Bands, die besser an bestimmte Festivals passen als andere. Yokko zum Beispiel hat am Eurosonic gespielt. Wenn die jungen Aargauer nun einem Starkritiker aus Berlin überhaupt nicht gefallen, heisst das noch lange nicht alles. Es geht ja auch um Business-Zusammenhänge – und die Band findet ganz offensichtlich auch ein Publikum. Die eingangs angesprochene Kritik hingegen, dass wir im Bereich Metal nicht ganz so präsent sind, nehmen wir als Anregung entgegen, dass man da tatsächlich mehr machen kann. Allerdings unterstützen wir auch andere Genres zu wenig, zum Beispiel elektronische Musik und Hip-Hop. Wir versuchen an sich, für alle da zu sein, können aber schlicht nicht alles machen.

Festivals als Netzwerk-Anlässe sind ja nur das eine…

Genau: Im Inland nutzen wir Plattformen wie das M4Music oder das Paleo-Festival in Nyon, das jungen Nachwuchs-Acts immer wieder eine Chance gibt. Dazu kommt die Vermittlung und Beratung, ob im persönlichen Gespräch oder mit Infos über unsere Website. Schliesslich haben wir auch etwas Geld, 80’000 bis 100’000 Franken pro Jahr. Mittel, mit denen wir Bands direkt unterstützen können. Mich ärgert es allerdings etwas, wenn wir, was ab und zu passiert, auf letztgenannten Punkt reduziert werden. Die Stadt Zürich kann im Bereich Poprock jährlich ungefähr eine Million vergeben. Und wir sollen mit 100’000 Franken die ganze Schweiz abdecken? Da kann sich eine Band nicht beklagen, wenn sie von uns eine Absage erhält. Aber wir haben Verständnis dafür, wenn sie sich trotzdem beklagt, weil für sie das eigene künstlerische Schaffen ja das Wichtigste, das Grösste ist.

 

«Einem James Gruntz gebe ich grosse internationale Chancen.»

 

Wie weit muss eine Band eigentlich sein, um durch Swiss Music Export unterstützt zu werden? Muss sie zum Beispiel ein Management haben?

Ich drücke es jeweils so aus: Swiss Music Export ist nicht dazu da, neue Sachen zu entdecken, wobei wir natürlich immer die Ohren offen haben. Für uns muss jemand «Export-ready» sein. Das ist zwar ein etwas schwammiger Begriff, aber es geht um folgende Komponenten. Erstens: Es muss musikalisch «verheben», das ist die Grundvoraussetzung. Zweitens muss ein gewisses Interesse aus dem Ausland manifest sein. Konkret: Wenn wir von einer deutschen Agentur hören, dass die eine Schweizer Band toll findet, läuten bei uns alle Alarmglocken im Sinne von: da passiert etwas. Solche Zeichen können auch Fan- und Medienreaktionen oder Youtube-Klicks sein wie etwa im Fall der welschen Band Kadebostany. Und drittens: Wir verlangen ein professionelles Umfeld. Jemand, der behauptet, er finde keine Booking-Agentur, hat vielleicht noch nicht richtig gesucht, dann helfen wir ihm dabei. Allerdings haben Agenten, die Konzerte vermitteln, ja auch gute Nasen. Wie will eine Band ein Publikum von sich überzeugen, wenn sie es nicht mal schafft, eine Booking-Agentur davon zu überzeugen, dass sie für sie arbeiten soll? Professionelles Umfeld kann ein Management sein, eben eine Booking-Agentur, ein Label oder ein Verlag.

Und wann ist der Zeitpunkt erreicht, dass ein Künstler wieder aus dem Unterstützungsraster fällt?

Swiss Music Export hat den Auftrag, jemanden in einen Markt reinzubringen. Wir geben uns dafür zwei bis drei Jahre Zeit pro Territorium, wobei wir uns auf den deutsch- und französischsprachigen Raum in Europa konzentrieren. Sophie Hunger haben wir sowohl in Deutschland als auch in Frankreich stark unterstützt. Und dies zu einem Zeitpunkt, als sie in der Schweiz noch kaum bekannt war. Aus Frankreich kam dann das Interesse von gleich drei Plattenfirmen – und diese Chance wurde gepackt. Sie ist eine grossartige Künstlerin, vor allem live, die es geschafft hat. Da haben wir viel reingesteckt – und schreiben es uns jetzt auch auf die Fahne. Die bekanntesten Erfolge, bei denen wir unseren Teil beigetragen haben, sind Sophie Hunger, Bonaparte, Boy, Bastian Baker und Eluveitie. Sobald diese selbstständig waren, brauchten sie unsere direkte Hilfe nicht mehr.

 

«Es kommt sogar recht häufig vor, dass wir von Swiss Music Export auf einen fahrenden Zug aufspringen.»

 

Und welches sind die nächsten kommenden Stars?

Das kann ich auch nicht mit Sicherheit sagen. Puts Marie aus Biel kennt noch kaum jemand, haben aber enormes Potenzial. Und einem James Gruntz gebe ich grosse internationale Chancen. Ebenso Pablo Nouvelle, Klaus Johann Grobe, Kadebostany und Oy. Und hoffentlich vielen anderen!

Springt Swiss Music Export ab und zu eigentlich auch auf einen Zug auf, der schon recht gut unterwegs ist? Beispielsweise bei der Bündner Band From Kid, die zurzeit vor allem von SRF3 kräftig gepusht wird?

Es kommt sogar recht häufig vor, dass wir auf einen fahrenden Zug aufspringen. Wir können dann vertiefen, was lokale Förderungen begonnen haben – ein Beispiel sind Künstler, welche der RFV Basel lokal und schweizweit unterstützt hat, und wo im internationalen Kontext dann wir von Swiss Music Export zum Zug kommen. Das von Ihnen erwähnte Beispiel From Kid: Die Band hat am Mama Event in Paris gespielt – ein Auftritt, den sie sich selber organisiert hatte. Wir haben die Band dann zusätzlich an unserem Showcase spielen lassen.

pdf Südostschweiz (31.03.2015)

pdf Südostschweiz (25.03.2015)

Berichte vom M4Music aus den Vorjahren:

pdf Südostschweiz (31.03.2014)

pdf Südostschweiz (25.03.2013)

pdf Südostschweiz (27.03.2012)

pdf Südostschweiz (07.03.2012)

pdf Südostschweiz (29.03.2011)

pdf Südostschweiz (29.03.2010)

«Sie könnten heute mal wieder Sushi essen gehen»

«Enorme Möglichkeiten»: Swico-Präsident Andreas Knöpfli zu den Chancen für den Schweizer Handel durch die Digitalisierung. (Pressebild)

«Enorme Möglichkeiten»: Swico-Präsident Andreas Knöpfli zu den Chancen für den Schweizer Handel durch die Digitalisierung. (Pressebild)

 

Die Digitalisierung im Schweizer Handel schreitet mit grossen Schritten voran. Welches sind die Herausforderungen für die Anbieter? Und was kommt auf die Konsumenten zu? Eine Auslegeordnung des Branchenverbandes Handel Schweiz.

Von Hans Bärtsch

Stellen Sie sich vor, Sie gehen in ein Warenhaus und bekommen eine Mitteilung auf Ihr Smartphone. Mit der Nachricht werden Sie an ein Produkt erinnert, auf das Sie über die App des Warenhauses aufmerksam wurden. Da Sie schon mal im Laden stehen, sehen Sie sich das Produkt an und kaufen es eventuell. Oder aber: Sie ärgern sich beim Kleiderkauf oft darüber, dass die Grösse, die Sie benötigen, nicht verfügbar ist. Oder dass das gute Stück trotz «richtiger» Grösse schlicht nicht passt. Nun gibt es Bodyscanner, etwa an den Flughäfen der USA. Mit einem solchen Scan ist man auf den Millimeter ausgemessen. Was, wenn Sie diese Daten nun dazu verwenden könnten, eine massgeschneiderte Jeans zu ordern?

Wo wähle ich ein Opt-in?

Vor allem Zweitgenanntes ist zwar noch Zukunftsmusik. Aber die beiden Beispiele zeigen: Der Handel wird von der Digitalisierung immer stärker durchdrungen. Und fordert sowohl die Anbieter wie die Konsumenten heraus, wie sich an einem Medienanlass der Branchenverbandes Handel Schweiz zeigte. Laut Andreas Knöpfli, Präsident von Swico, dem Verband der Informations-, Kommunikations- und Organisationstechnik, besteht für den Handel die grösste Herausforderung darin, die Möglichkeiten optimal und effektiv, aber immer unter Einhaltung der Datenschutzregeln zu nutzen. Umgekehrt steht der Konsument vor der Entscheidung, wofür und für wen er seine Daten freigibt. Um es mit dem Fachbegriff zu sagen: Wo wähle ich ein Opt-in – gebe also explizit das Einverständnis, dass meine Daten genutzt werden dürfen?

In keinem Verhältnis zum Nutzen

Bisher waren Kundenkarten mehr oder weniger das höchste der Gefühle, wie der Detailhandel an Kundendaten herankam. Aber: Der Bewirtschaftungsaufwand steht für die Unternehmen in keinem Verhältnis zum Nutzen, wie Studien zeigen. Das hat auch massgeblich damit zu tun, dass Kundenkarten in Familien häufig geteilt werden – individuelles Einkaufsverhalten lässt sich deshalb aus den mit der Karte getätigten Einkäufen kaum ableiten.

 

Der Bearbeitungsaufwand bei Kundenkarten steht in keinem Verhältnis zum Nutzen für die Unternehmen.

 

Anders wird das nun durch neue, auf das Smartphone zugeschnittene Anwendungen. Das Smartphone wird in der Regel individuell genutzt, das Gerät gibt – je nach Einstellung – Standort und sogar Tätigkeit seines Nutzers bekannt. Vor dem Hintergrund, dass mobile Computer bezüglich Zugriff aufs Internet den Desktop-Computer soeben hinter sich gelassen haben und sich diese Tendenz fortsetzen wird, ergeben sich für den Handel «enorme Möglichkeiten», wie Knöpfli sagt.

Aber eben auch für den Konsumenten. Wiederum zwei Beispiele. Ich schlendere durch eine Ladenstrasse. Eine App macht mich darauf aufmerksam, dass ich heute mal wieder Sushi essen könnte. Ich bekomme einen Restaurant-Vorschlag in der Nähe – weil ich dieses Lokal wähle, erhalte ich mittels eines Codes, den ich inzwischen aufs Smartphone bekommen habe, erst noch eine Vergünstigung. Oder mir wird in einem Auto-Showroom auf interaktiven Bildschirmen jenes Modell in der richtigen Farbe und Ausstattung angezeigt, das ich mir zuvor schon via App des Herstellers angeschaut habe. «Verstärkung des Konsumerlebnisses», heisst das in der Fachsprache.

Mit einem Klick bestellt

Dass der Handel sich für die digitale Zukunft fit machen muss, zeigt auch ein anderer Umstand. Die grösste Konkurrenz eines stationären Ladens ist nicht das nächste Warenhaus oder Einkaufszentrum, sondern eine bekannte Persönlichkeit, die auf ihren Social-Media-Kanälen mit einem Kleid zu sehen ist, das den Followern gefällt und das diese auch haben wollen. Verrät die Persönlichkeit, wo sie das Kleid gekauft hat und gibt einen entsprechenden Kauftipp ab, kann das Kleid bei Twitter mit einem Klick auf den Button «One-Klick-Purchase» erstanden werden.

Traditionelle Läden haben also nur dann eine Chance gegen Anbieter wie Ebay und andere, wenn sie ebenfalls online präsent sind. Kaspar Engeli, Direktor von Handel Schweiz, drückt es pointiert aus: «Wer nicht online ist, ist bald off market. » Also weg vom Fenster. Engeli rät Schweizer Anbietern, ihre Internetportale und Produkte durch Mehrsprachigkeit vermehrt auf die Weltmärkte auszurichten. Nebst Englisch sollten vermehrt auch weit verbreitete Sprachen wie Spanisch, Portugiesisch, Chinesisch und Russisch verwendet werden.

pdf Südostschweiz (27.03.2015)

Die Migros Ostschweiz hat grosse Expansionspläne

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Erfolgsstory: Das Schnellverpflegungskonzept Chickeria ist eine Eigenerfindung der Migros Ostschweiz. (Pressebild)

 

Die Migros Ostschweiz, zu der auch das Filialnetz Graubünden gehört, hat ein gutes Jahr hinter sich. Und will in den kommenden Jahren im ganzen Wirtschaftsgebiet kräftig ausbauen.

Von Hans Bärtsch

Rekordergebnisse fast auf der ganzen Linie präsentierten die Verantwortlichen der Migros Ostschweiz gestern im sankt-gallischen Abtwil. Im Vergleich zum Vorjahr konnte der Umsatz 2014 um 1,5 Prozent auf 2,41 Milliarden Franken gesteigert werden, der Reingewinn legte um 2,8 Prozent auf 67,2 Millionen zu. Die Zuwächse haben in erster Linie mit dem Abschluss von Bauvorhaben beziehungsweise Expansionen zu tun, wie Geschäftsleiter Peter Diethelm an der Bilanzmedienkonferenz erläuterte.

Bio und «Aus der Region» boomt

Besonders erfreulich entwickelten sich bei der Migros Ostschweiz, die knapp 9300 Angestellte (rund 5900 Vollzeitstellen) zählt, die Bereiche Bioprodukte (+26 Prozent auf 112 Millionen Franken Umsatz) und «Aus der Region. Für die Region» (+6,7 Prozent auf 217 Millionen). Diethelm bezeichnete «Aus der Region» als «Erfolgsgeschichte sondergleichen». Die Kundschaft zeige grosses Vertrauen in das seit zwölf Jahren laufende Programm. Überdies würden rund 3500 Bauernfamilien, Produzenten und Lieferanten aus dem ganzen Wirtschaftsgebiet der Migros Ostschweiz direkt davon profitieren.

 

Die Migros Ostschweiz investiert in diesem Jahr allein in die Standorte Davos (Symond-Park) rund 9,5 Millionen Franken. Für den Neubau in Domat/Ems sind es 3,2 Millionen. Bereits realisiert ist die Optimierung des Calandaparks in Chur.

 

Hauptumsatzbringer blieben die Supermärkte, mit denen im vergangenen Jahr ein Plus von 1,7 Prozent auf 1,87 Milliarden Franken erzielt wurde. Besonders erfolgreich entwickelte sich eine ureigene Erfindung der Migros Ostschweiz – das Schnellverpflegungsformat Chickeria. Eine der ersten Filialen wurde 2014 in Chur-Masans in Betrieb genommen, weitere sollen folgen. Darunter im zürcherischen Hinwil auch ein erstes Drive-in.

Grosse Investitionssummen

Nicht nur bei den Chickeria-Filialen, sondern in allen Bereichen hat die Migros Ostschweiz Grosses vor. Diethelm sprach von «aktiven Expansionen» im ganzen Wirtschaftsgebiet, welches die Kantone Graubünden, St. Gallen, beide Appenzell, Thurgau, Schaffhausen, Teile des Kantons Zürich und das Fürstentum Liechtenstein umfasst. Nach 173 Millionen 2014 dürfte im laufenden Geschäftsjahr wiederum etwa gleich viel investiert werden – notabene aus dem eigenen Cashflow. Grossprojekte stehen unter anderem in Davos und in Domat/Ems vor dem Abschluss. Mit der Expansionsoffensive erhofft sich die Geschäftsleitung auch, Bewegung in stockende Projekte zu bringen – so ist das Engadin für die Migros noch immer praktisch Brachland. Zusammengefasst will die Genossenschaft Migros Ostschweiz ihre Position im Detailhandel, in der Gastronomie und im Freizeitbereich weiter ausbauen. Im Zuge dieser Aktivitäten sollen auch zahlreiche neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Konkurrenz und Franken

So erfreulich sich das Geschäftsjahr 2014 auch ausnimmt, ganz ohne Sorgen ist die Migros Ostschweiz nicht. Stichwort ist der 15.Januar 2015 – der Tag, an dem die Schweizerische Nationalbank den Euro/Franken-Kurs aufhob. Die grenznahen Filialen haben seither im Vergleich zu den übrigen Filialen zwei bis drei Prozent an Umsatz eingebüsst. Wie Geschäftsleiter Diethelm zudem ausführte, sei im gesamten Schweizer Detailhandel mit einem zunehmenden Konkurenzdruck zu rechnen.

Stolz ist die Migros Ostschweiz auf die grosse Zahl junger Leute, die bei ihr einen von 23 möglichen Berufen erlernen. Seit Jahren sind es gut 500 Lernende – ein «wichtiges Fundament für unser Unternehmen», wie es René Frei, Leiter Direktion Personelles, ausdrückte. Und ebenfalls stolz ist man auf die Mindest- beziehungsweise Richtlöhne, die «über den Forderungen der Gewerkschaften liegen». Erwähnung fand auch das Migros Kulturprozent: 10,5 Millionen Franken schüttete die Migros Ostschweiz im vergangenen Jahr in den Bereichen Kultur, Soziales, Bildung, Freizeit, Sport und Wirtschaftspolitik aus.

pdf Südostschweiz (19.03.2015)

Artikel zur Migros Ostschweiz aus den Vorjahren:

pdf Süedostschweiz (20.03.2012)

pdf Süedostschweiz (02.03.2011)

pdf Süedostschweiz (18.03.2009)

pdf Süedostschweiz (12.03.2008)

60 bis 80 neue Produkte – weil es die Konsumenten wünschen

Eines der grössten Erfolgsprodukte von Lindt & Sprüngli: die Goldhasen. (Pressebild)

Eines der grössten Erfolgsprodukte von Lindt & Sprüngli: die Goldhasen. (Pressebild)

 

Der Erfolg des Schokoladekonzerns Lindt & Sprüngli erklärt sich unter anderem mit laufenden Innovationen. Schweiz-Chef Kamillo Kitzmantel erklärt, was es damit auf sich hat.

Von Hans Bärtsch

Schoggi-Job ist wohl der falsche Ausdruck. Obwohl alles, was die Entwickler von neuen Produkten am Sitz des Traditionsunternehmens Lindt & Sprüngli im zürcherischen Kilchberg umtreibt, mit Schokolade zu tun hat. Aber das Ertüfteln von neuen Geschmacksrichtungen ist Knochenarbeit. 60 bis 80 Produkte kommen jedes Jahr neu ins Sortiment. «Die Kon- sumenten sind offen dafür und erwarten das auch», sagt Kamillo Kitzmantel, Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung.

Manchmal ist es auch bloss die Verpackung, die geändert wird. Auslöser sind mitunter saisonale Ereignisse wie Ostern, Weihnachten oder der Valentinstag, an denen Lindt & Sprüngli, der führende Schweizer Markenschoggi-Hersteller, besonders auftrumpft. Dieses Jahr beispielsweise sind es nicht nur die klassischen Goldhasen, die in den Regalen der Verkaufsläden stehen, sondern mit sogenannten Animal-Prints modisch aufgepeppte Hasen. Warum gerade Tiermuster? Weil die im Moment angesagt sind, etwa im Bereich Textilien oder Handtaschen.

Limetten und Meersalz

Bei der Excellence-Reihe verweist Kitzmantel auf die Tafel namens Lime Intense – eine Kombination aus dunkler Schokolade und fruchtig-säuerlichen Limetten-Stücken. Ein anderes Beispiel ist die Beimischung von Meersalz; das Resultat nennt sich ganz poetisch A la pointe de Fleur de Sel.

Ob Osterhasen, Tafelschokoladen, Pralinés oder Lindor-Kugeln, Kitzmantel weiss reihenweise Müsterchen zu erzählen, wie Produkte verfeinert, erneuert oder komplett neu erfunden wurden. Dabei wird nicht nach dem Prinzip «try and error» verfahren, wie es in der Unternehmenswelt manchmal angewendet wird. Also ein Produkt zu lancieren und dann die Konsumenten entscheiden zu lassen, ob es ihnen gefällt. Bei Lindt & Sprüngli wird vielmehr akribisch an einer neuen Geschmacksrichtung getüftelt und Hunderten von Testpersonen zum Versuchen gegeben. Falls nötig, wird nachgebessert, bis eine neue Schokolade kreiert ist, die von Schweiz-Chef Kitzmantel und seinen Fachleuten für den Verkauf für gut befunden wird.

Aufwendige Marktanalysen

Die Kadenz an Neulancierungen ist mit gut einer pro Woche hoch. «An- spruchsvoll», nennt Kitzmantel das unablässige Innovativ-sein-Müssen. Und das immer auf dem höchsten Qualitätsniveau. Die Früchte der Anstrengungen: Die Produkte von Lindt & Sprüngli kommen derart reif auf den Markt, dass nur selten eines wieder aus dem Sortiment genommen werden muss. Was im Übrigen nicht nur an den Produkten selber liegt, sondern auch an vorgängigen ausführlichen Markt-, Konsum- und Trendanalysen. Und letztlich einem ausgeklügelten Marketing – dem A und O, um ein neues Produkt erfolgreich auf den Markt zu bringen und dort zu etablieren.

Auf der ganzen Welt beliebt: die Lindor-Kugeln von Lindt & Sprüngli. (Pressebild)

Auf der ganzen Welt beliebt: die Lindor-Kugeln von Lindt & Sprüngli. (Pressebild)

 

Verschiedene Geschmäcker

Lindt & Sprüngli ist ein global tätiger Hersteller von Premium-Schokolade. Sprechen die Konsumenten in allen Weltregionen auf die gleichen Schoggi- Geschmacksrichtungen an? Kitzmantel verneint – weshalb es überaus wichtig sei, neue Produkte nicht nur zentral in Kilchberg, sondern auch in den regionalen Märkten selber zu entwickeln. Dasselbe gelte für die Verpackungen und Darbietungsformen. Kitzmantel erwähnt das Beispiel der traditionel- len grossen Schoggi-Eier mit einer Überraschung drin, die sich in Italien zu Ostern grosser Beliebtheit erfreuen – ausschliesslich in Italien, in keinem andern Land sind diese laut Kitzmantel so typisch.

Kulturell-kulinarisch gibt es erstaunliche Unterschiede, teils auf kleinstem Raum. So ist in der Deutschschweiz Milchschokolade beliebter als die dunkle, wogegen der Geschmack in der Romandie eher zur dunklen Schoggi geht. Richtung Frankreich verstärkt sich dieser Trend – dort ist dunkle bis sehr dunkle Schoggi die beliebteste. Pauschal lässt sich für Europa sagen: Je wärmer (südlicher), desto mehr werden herbe Geschmacksrichtungen bevorzugt. Erstaunliches ist auch in Deutschland zu beobachten – hoch im Norden verläuft ein eigentlicher Marzipan-Graben. Oberhalb dieser Grenze finden Marzipan-Produkte Anklang, südlich davon deutlich weniger. Und in Ländern wie Italien ist Marzipanschokolade überhaupt nicht gefragt.

Neue Zielgruppen

Nebst neuen Produkten und Verpackungen setzt Lindt & Sprüngli auch darauf, sich immer wieder neue Zielgruppen zu erschliessen. Das sei etwa mit den trendigen Hello-Tafeln und -Stängeln sowie dem Motto «nice to sweet you» gelungen, erläutert Kitzmantel. Erstmals habe man dabei auf die englische Sprache gesetzt, um ein junges, urbanes Publikum anzuspre- chen.

Ein neues Publikum dürfte Lindt & Sprüngli auch mit neuen Geschmacksrichtungen bei den traditionellen Lindor-Kugeln finden, darunter Kokosnuss, Mandel und Cappuccino. Damit will man dem erfolgreichsten Produkt des Unternehmens – das Rezept stammt aus den Vierzigerjahren, die Kugelform gibt es seit 1967 – neuen Schub verleihen. Interessanterweise findet die klassische rote Lindor-Kugel auf der ganzen Welt Anklang.

 

«Die wichtigste Akquisition»

 

Lindt & Sprüngli ist es gelungen, auch 2014 kräftig zu wachsen. Um 17,4 Prozent kletterte der Umsatz auf 3,385 Milliarden Franken. Rund zur Hälfte hat dieser Umsatzsprung mit dem Zukauf der US-Traditionsmarke Russel Stover zu tun. «Die wichtigste Akquisiton der Firmengeschichte», wie es Firmenchef Ernst Tanner nennt. Damit sei man nun die Nummer 3 in Nordamerika, dem weltweit grössten Schokolademarkt. Auch ohne Russel Stover wäre der Umsatz kräftig gestiegen – das organische Wachstum belief sich auf 9,8 Prozent. Unter dem Strich zeigt Lindt & Sprüngli fürs vergangene Jahr einen Reingewinn von 342,6 Millionen Franken (+13,1 Prozent). Auch dies ein neuer Rekordwert.

Beim eigenen Verkaufsnetz von derzeit 275 Läden sieht Lindt & Sprüngli im Übrigen «immenses Potenzial». Zumal der Detailhandel diese Entwicklung laut Tanner überhaupt nicht kritisch sieht – im Gegenteil. Die beiden Verkaufskanäle würden sich gegenseitig befruchten. Die ganze Produktevielfalt zu präsentieren, sei aber nun mal nur in eigenen Läden möglich.

Wie stark Lindt & Sprüngli unterwegs ist, zeigen auch die neusten Zahlen von Chocosuisse, der Vereinigung der wichtigsten Schweizer Schokoladehersteller. Mit einer um knapp 4900 Tonnen auf 183’738 Tonnen gesteigerten Verkaufsmenge konnte der Branchenumsatz 2014 um 2,7 Prozent auf 1,728 Milliarden Franken gesteigert werden. Lindt & Sprüngli allein legte in der Schweiz um 6,8 Prozent zu. (hb)

pdf Südostschweiz (13.03.2015)